Sapere aude!

 

Leseprobe aus:

 

Universale Offenbarung?
Der eine Gott und die vielen Religionen

Werner Zager (Hg.)

 

Resümee

Lassen Sie mich in sieben Punkten einige Einsichten zusammenfassen, die sich mir bei der Beschäftigung mit den vorgestellten Konzeptionen einer universalen Offenbarung innerhalb der liberalen Theologie erschlossen haben und die m.E. eine Grundlage für unser weiteres Nachdenken bilden können:

1. Ein sachgemäßes Verständnis des Christentums ist nur möglich im Kontext der Religions- und Geistesgeschichte bzw. der Geschichte überhaupt.

2. Angesichts der mannigfachen Verflechtungen der christlichen Religion mit anderen Religionen ist es nicht überzeugend, den Begriff der Offenbarung nur dem Christentum vorzubehalten. Darum ist es Ausdruck einer überholten christlichen Weltschau, Gottes Offenbarung auf Menschwerdung, Kreuz und Auferstehung Christi zu beschränken, einschließlich einer Vorbereitung dieses Geschehens in der Geschichte des alten Gottesvolkes Israel.

3. Der Größe Gottes entspricht es vielmehr, die Religionen als verschiedene Wege Gottes zum Heil zu betrachten.

4. Der einzelnen Religion eignet daher kein Absolutheitsanspruch.

5. „Absolut“ ist eine Offenbarung Gottes, insofern sie den Menschen, den sie trifft, unbedingt angeht.

6. Gottes weltweite Offenbarung fordert die Religionen dazu heraus, sich auf das einander Verbindende zu besinnen, Unterschiede wahrzunehmen und zu respektieren, das Eigene in der Begegnung mit dem Anderen kritisch zu reflektieren und den eigenen Glaubenshorizont zu erweitern.

7. Mit den grundlegenden Offenbarungsimpulsen geht in den einzelnen Religionen ein Offenbarungsprozess einher, der zwar aufs Ganze gesehen zu Fortschritten in der religiösen Erkenntnis führt, aber immer wieder von Stagnation und Rückschritten bedroht ist.