Leseprobe aus:
Fragmentarisches Wörterbuch
Festschrift für Horst Balz zum 70. Geburtstag
Kerstin Schiffner, Klaus Wengst, Werner Zager (Hgg.)
Selbst ein Wörterbuch, das enzyklopädischen Ansprüchen zu genügen sucht, wird nie erschöpfend sein können, sondern immer auch Fragment bleiben. Das gilt von diesem „Wörterbuch“ allemal, und so ist es auch in aller Offenheit als ein „fragmentarisches“ gekennzeichnet. Die Gattung „Wörterbuch“ bot uns als Herausgebenden die Möglichkeit, ein breites Spektrum möglicher Beiträge als eine Einheit zusammenzubinden – ein breites Spektrum, das sich doch zugleich, wie fragmentarisch auch immer, in das Ganze biblischer Exegese und christlicher Theologie einfügt und darauf verweist.
Diese Form erscheint als besonders angemessen, um Horst Balz zu seinem 70. Geburtstag am 21. März 2007 zu ehren. Es dürfte kaum einen deutschsprachigen Neutestamentler der Gegenwart geben, der einen solchen Überblick über die Forschungsprobleme und die Forschungsgeschichte im Gesamtbereich der neutestamentlichen Wissenschaft und dazu ein so abgewogenes Urteil hat wie Horst Balz und der sich wie er in solcher Selbstlosigkeit für Kärrnerarbeit hat in Dienst nehmen lassen, damit andere zuverlässige Informationen und gute Arbeitsmittel an die Hand bekommen. Zusammen mit Gerhard Schneider hat er in nur fünf Jahren von der ersten Lieferung bis zum vollständigen Erscheinen 1978 bis 1983 das dreibändige Exegetische Wörterbuch zum Neuen Testament herausgegeben, in zweiter, verbesserter Auflage noch einmal 1992. Bei der Theologischen Realenzyklopädie war er von der ersten Lieferung 1976 bis zum 36. und letzten Band 2004 der für das Neue Testament zuständige Fachherausgeber. Als Assistent von Gerhard Friedrich war er zuvor schon in die Arbeit an den letzten Bänden des Theologischen Wörterbuchs zum Neuen Testament involviert. Die in diesen Lexika von Horst Balz selbst verfassten Artikel erschöpfen sich nicht im Detail, sondern haben das Ganze im Blick; im Fragment geht er aufs Ganze und macht deutlich, dass es ums Ganze geht. Vielleicht ist ja gerade das Fragmentarische spezifisch theologisch, insofern das Zerbrochene auf ein Ganzes verweist. Was am Schluss des Vorworts von Band III des Exegetischen Wörterbuchs zum Neuen Testament als dessen Ziel angegeben wird, dürfte sehr gut beschreiben, was der Exeget und Theologe Horst Balz wollte und will, nämlich helfen und ermuntern, „das Wort in den Wörtern zu hören“.
Das wissenschaftliche Œuvre von Horst Balz hat seinen Schwerpunkt in der Erforschung der paulinischen Theologie sowie der urchristlichen Christologie. Daneben hat er sich immer wieder mit aktuellen theologischen und exegetischen Fragestellungen auseinandergesetzt. Seine theologische Arbeit in Forschung und Lehre lässt sich am besten dadurch charakterisieren, wie er selbst in seinem TRE-Artikel über Theologie im Neuen Testament die Aufgabe christlicher Theologie bestimmt hat: „Es ist die Aufgabe heutiger christlicher Theologie, die Erinnerung an die anfängliche Gestalt von Theologie unter den Verstehensbedingungen der Gegenwart wachzuhalten. Christliches theologisches Denken muß sich immer wieder an den Ort seines Entstehens führen lassen, den es zwar im geschichtlichen Abstand nicht einfach erneut betreten kann, ohne den es aber auch seinen Grund und Gegenstand ‚heute’ nicht vertreten kann. Deshalb erfordern biblische bzw. neutestamentliche Theologie historisch-kritische und theologische Denkarbeit zugleich.“ Dieser zentralen theologischen Aufgabe hat sich der Jubilar nicht nur stets von neuem gestellt, sondern es ist ihm auch gelungen, andere – seien es Studierende, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seines Lehrstuhls oder Kolleginnen und Kollegen an der Bochumer Evangelisch-Theologischen Fakultät – dafür zu gewinnen und zu begeistern.
Die Einladung zu dieser Festschrift hat ein großes Echo gefunden. 46 Kolleginnen und Kollegen aus allen Disziplinen der Theologie, ehemalige wissenschaftliche Mitarbeitende und wissenschaftliche und studentische Hilfskräfte haben Beiträge geschrieben. Dieter Vetter hat sein Manuskript nur wenige Wochen vor seinem Tod abgegeben; sein Beitrag über Nächstenliebe ist damit zugleich so etwas wie sein Vermächtnis.
Für Druckkostenzuschüsse danken wir herzlich der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, der Evangelischen Kirche von Westfalen, der Evangelisch-Lutherischen Kirche Nordelbien und besonders der Ulrich-Neuenschwander-Stiftung. Weiter danken wir Frau Ilse Bornemann für Hilfe bei der Erfassung großer Teile des Manuskripts und Frau Dorothea Zager für die Gestaltung des Layouts und die Erstellung der Druckvorlage.
Wir freuen uns, mit diesem Wörterbuch einem von uns hoch geschätzten Kollegen, Lehrer und Freund wenn schon nicht viel von dem zurückzugeben, was er uns in den langen Jahren seiner Lehr- und Forschungstätigkeit an der Ruhr-Universität Bochum und darüber hinaus gegeben hat, so doch zumindest ein Zeichen unserer Dankbarkeit und Verbundenheit überreichen zu können.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort .................................................................................. 7
Antijudaismus im Johannesevangelium?
Anmerkungen zu Joh 2,13-22
Theo Sundermeier.................................................................. 15
Arbeiten
Zu Begriff und Thematik
von ergazestai in den beiden Thessalonicherbriefen
Otto Merk............................................................................... 19
Athanasius, bei Pascal
Martin Tetz............................................................................ 26
Aufrücken
Von der Unverschämtheit des Gebets
Oswald Bayer......................................................................... 27
Berufung
Exegetische Befunde
und seelsorgerlich-psychologische Überlegungen
Walter Rebell.......................................................................... 34
Besitz/Gebrauch
Zu Mk 10,22f.
Martin Leutzsch...................................................................... 41
Brief/e, neutestamentliche
Eine Entdeckungsreise in Kinder- und Jugendbibeln
Kerstin Schiffner..................................................................... 46
Buch des Lebens
Zur Identifikation und vieldeutigen
Aktualität einer biblischen Metapher
Magdalene L. Frettlöh............................................................. 58
Bund
Zur Bedeutung des „neuen Bundes“ bei Paulus
Jens Maschmeier.................................................................... 72
Chaos
Thomas Bonhoeffer................................................................ 85
Deutung
Zur hermeneutischen Praxis der Religion in der Medienkultur
Wilhelm Gräb.......................................................................... 93
Diakonie
Von der „Mission“ zum „Dienst“?
Zum Wandel der Leitbegriffe
in Theologie und Kirche seit den 1960er Jahren
Traugott Jähnichen.............................................................. 100
Eigentum
Eine Predigt über das siebte Gebot (Ex 20,12)
Dorothea Zager.................................................................... 112
Einsprüche
Gustaf Wingrens Systematik und Lutherdeutung
Gottfried Hornig.................................................................... 117
Evangelium
Wird euaggélion bei Paulus auch als nomen actionis gebraucht?
Ekkehard W. Stegemann....................................................... 124
Die „Gerechten“ und die „Gottlosen“
Henning Graf Reventlow........................................................ 136
Gerechtigkeit
Christofer Frey...................................................................... 148
Gesetz
„Werke des Gesetzes“ in Röm 1-4 im Verhältnis zu 4QMMT
Gottfried Nebe....................................................................... 161
Hebräisch für Neutestamentler
Ein Plädoyer
Klaus Wengst........................................................................ 177
Heiligkeit bei Clemens von Alexandrien
Dietmar Wyrwa..................................................................... 188
Heiligkeitskonzepte
in der Schrift an die hebräische(n) Gemeinde(n)
Elke Tönges.......................................................................... 203
Israel
Kennt das Matthäusevangelium eine abschließende Heilsverheißung für Israel?
Peter Dschulnigg................................................................... 212
Ist
Zum Sinn der Deuteworte beim Abschiedsmahl Jesu
Klaus Haacker....................................................................... 216
Jede(r)
Gemeinde und Individuum im 1. Korintherbrief
Andreas Lindemann............................................................... 223
Jesus, wie die anderen ihn sehen
Liberale Christologie und interreligiöser Dialog
Werner Zager........................................................................ 235
Josua
Jesu Namenspatron in antik-jüdischer Rezeption
Friedrich Avemarie................................................................ 246
Kirchenbau
Gemeinde als „Tempel Gottes“ und die „Kirchen aus Stein“
Historische und aktuelle Aspekte
einer spannungsvollen Beziehung
Franz-Heinrich Beyer ..........................................................258
Kreuz
Homiletische Erwägungen zu 1Kor 1,18-25
Erich Gräßer.......................................................................... 268
Leib
Ein Beitrag zur paulinischen Anthropologie und Theologie
Peter Wick............................................................................ 275
Nächstenliebe
„Ich bin ein Geschöpf
und mein Mitmensch ist ein Geschöpf“ (bBer 17a)
Dieter Vetter †...................................................................... 287
Nächster
Wie nicht nur ein Begriff ins Gerede gebracht wird. Ein verärgerter Zwischenruf
Otmar Rüther........................................................................ 299
Palaea/Paleja
Ein byzantinisch-slavischer Beitrag zu den europäischen Historienbibeln
Christfried Böttrich................................................................ 304
Politik
Eine kleine neutestamentliche Apologie
François Vouga..................................................................... 314
Rechtfertigung
Christian Link........................................................................ 326
Schlaf Gottes
Walter Dietrich...................................................................... 334
Schriftkenntnis
Anmerkungen zu Joh 20,9
Michael Wolter...................................................................... 343
„Sorget nicht für den morgigen Tag!“
Etwas Erbauliches zu Mt 6,34
Hans-Eckehard Bahr............................................................. 353
Strafe
Begründung und Gestaltung von Strafe
Claudia Engler....................................................................... 356
Sünde
Zur Hamartiologie im Jakobusbrief
Reinhard von Bendemann...................................................... 367
Trost finden
Der Komponist Johannes Brahms als Ausleger der Bibel
Martin Klein.......................................................................... 378
Trostes, Sohn des
Zu Apg 4,36
Martin Leutzsch.................................................................... 388
Umkehr
meta/noia - schuv, tschuvah, metanoia
Jürgen Ebach....................................................................... 393
Versöhnung
Eine ökumenische Herausforderung
Konrad Raiser....................................................................... 403
Widerstandsrecht
Beobachtungen zum spannungsvollen Verhältnis von Religion, Moral und Recht
Christoph Strohm................................................................. 411
Wrede, William
Ein Neutestamentler als Praktischer Theologe
Johannes Schreiber.............................................................. 422
Wunder
Exegetische Beobachtungen
und didaktische Möglichkeiten zu Mk 2,1-12
Sabine Teuchert.................................................................... 428
Zukunft
Notizen zur Eschatologie im Kolosserbrief
Wolfgang Hackenberg............................................................ 442
Schriftenverzeichnis Horst Balz........................................ 457
Verzeichnis der Autorinnen und Autoren......................... 465